E-Auto direkt aus China bestellen und nach Deutschland importieren
Der vollständige Leitfaden – mit Beispiel Xiaomi SU7
1. Warum Direktimport?
Immer mehr deutsche Käufer interessieren sich für Elektroautos aus China, die hierzulande noch nicht verfügbar sind oder deutlich günstiger angeboten werden. Ein Direktimport kann finanziell und technologisch attraktiv sein – doch er bringt erhebliche rechtliche, technische und logistische Anforderungen mit sich.
Wer ein Fahrzeug direkt in China bestellt, wird selbst zum Importeur. Damit übernehmen Sie Verantwortung für Zoll, Steuern, Konformität, Garantie, Transport und Zulassung.
So importieren Sie ein Elektroauto wie den Xiaomi SU7 direkt aus China nach Deutschland: Plattformen, Ablauf, Kosten, Zoll, technische Anpassungen, TÜV-Genehmigung, Zulassung und Risiken – alles detailliert erklärt.
Bild-Quelle: Xiaomi
2. Praxisbeispiel Xiaomi SU7
Der Xiaomi SU7 ist eine sportliche Elektro-Limousine mit 800-Volt-Architektur, Reichweiten bis zu 800 km (CLTC) und einem starken Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Modell eignet sich ideal als Beispiel für den Direktimport, da es aktuell nur auf dem chinesischen Markt erhältlich ist.
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Leistung: bis zu 495 kW
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Beschleunigung: 2,78 s (0–100 km/h)
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Akkukapazität: 101 kWh (LFP bzw. NMC je nach Version)
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Softwareplattform: Xiaomi HyperOS, OTA-fähig
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Preis China: ab ca. 215.900 CNY (≈ 28.000 €)
3. Beschaffungswege & Plattformen
A) Auto-China.com
Diese Plattform richtet sich an europäische Kunden und bietet einen Online-Konfigurator mit Preisangaben in Euro. Käufer können Modell, Farbe, Räder und Innenraum wählen, eine Probefahrt buchen oder eine Bestellung auslösen.
Stärken:
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Transparente Preise in EUR inkl. Zoll und Transport
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Übersichtlicher Konfigurations-Prozess
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Kommunikation auf Deutsch und Englisch
Zu prüfen:
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Vertragspartei und Haftung (Importeur of Record)
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Lieferzeit und technische Umrüstungen für EU-Zulassung
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Garantie und Serviceabdeckung in Deutschland
B) China EV Marketplace
Ein Aggregator für Export-fähige Elektroautos aus China. Die Plattform vermittelt geprüfte Händler und Exportfirmen, übernimmt auf Wunsch PSI (Pre-Shipment-Inspection), Transport und Dokumentation.
Stärken:
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End-to-End-Abwicklung (Export, Versand, Zollpapiere)
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Vertragsoptionen mit Treuhandkonto oder Akkreditiv
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Technische Datenblätter und Zulassungs-Checklisten
Zu prüfen:
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Incoterms und Zahlungsbedingungen
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Exportlizenz des Händlers
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Kostenstruktur (CIF, FOB oder DAP)
C) Spezialisierte Export-Händler in China
Diese Anbieter kaufen Fahrzeuge direkt bei Herstellern und verkaufen sie für den Export. Sie haben meist Zolllizenzen und Kooperationspartner für Technik-Umrüstungen (ECE-Licht, CCS, Sprachpakete).
Vorteil: Flexiblere Preisgestaltung und direkter Kontakt.
Nachteil: Mehr Eigenaufwand bei Dokumenten und Verantwortung.
4. Rechtliche Grundlagen und Zulassung
Ein in China produziertes Fahrzeug gilt in der EU als Drittlandsware.
Erforderlich sind:
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Zollanmeldung mit EORI-Nummer.
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Zahlung von Zoll (≈ 10 %) und Einfuhrumsatzsteuer (19 %).
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Technische Abnahme in Deutschland (§ 21 StVZO), falls kein EU-COC vorliegt.
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TÜV/DEKRA-Prüfung + Zulassung bei der Zulassungsstelle.
5. Schritt-für-Schritt-Ablauf
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Fahrzeug auswählen und konfigurieren (Xiaomi SU7 z. B. über Auto-China.com).
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Kaufvertrag abschließen mit definierten Incoterms (FOB, CIF, DAP).
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Zahlung über Escrow oder Akkreditiv absichern.
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VIN erhalten + Pre-Shipment-Inspection durchführen (Fotos, OBD, Akkustand).
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Ausfuhranmeldung in China durch Händler.
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Verschiffung (Seefracht) – Container mit UN 38.3-konformer Batterie.
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Ankunft in Deutschland: Zoll + EUSt zahlen, Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten.
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Technische Umrüstung (ECE-Licht, CCS-Buchse, Sprachpaket, Warnaufkleber).
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TÜV-Einzelgenehmigung (§ 21 StVZO).
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Zulassung + Versicherung.
6. Kostenübersicht
| Kostenblock | Richtwert |
|---|---|
| Kaufpreis China (Xiaomi SU7 Basis) | ca. 30.000 € |
| Transport & Versicherung | 3.000 € |
| Zoll (10 %) | 3.000 € |
| Einfuhrumsatzsteuer (19 %) | 6.600 € |
| Technische Umrüstung | 1.000 – 3.000 € |
| Prüfung & Zulassung | 500 – 2.000 € |
| Gesamtkosten Import | ca. 43.000 – 46.000 € |
7. Technische Anpassungen für die Zulassung
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Beleuchtung: EU-E-Kennzeichnung für Scheinwerfer und Rücklichter.
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Ladeanschluss: CCS-2 nachrüsten oder Adapter mit TÜV-Freigabe.
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Software: Sprach- und Navigationspaket für Europa.
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Sicherheitsaufkleber: in Deutsch/EU-Norm.
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Dokumente: UN 38.3 Batteriebericht, Datenblatt, Rechnungen, Zollnachweis.
8. Risiken & Absicherung
| Risiko | Gegenmaßnahme |
|---|---|
| Fehlende COC-Dokumente | TÜV Voranfrage und Einzelgenehmigung einplanen |
| Falsche Spezifikation | PSI mit Foto/Video und VIN-Abgleich |
| Transportschäden | All-Risk-Versicherung abschließen |
| Zoll-Nachforderungen | EORI und professionellen Zollagenten nutzen |
| Inkompatible Software | EU-Firmware oder lokale Updates installieren |
| Fehlende Garantie | Vertraglich Servicepartner benennen |
| Wiederverkaufswert | Vollständige Dokumentation und Prüfberichte aufbewahren |
9. Seriositätsprüfung von Plattformen
Bevor Sie bestellen, sollten Sie:
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Handelsregisterauszug und Geschäftsadresse prüfen.
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Vertragspartei klar identifizieren (Sitz in EU oder China).
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Leistungspaket (Zoll, Umrüstung, TÜV) schriftlich definieren.
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Zahlungsabsicherung (Treuhand oder LC).
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Garantie und Service-Netz nachvollziehbar machen.
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Rücktrittsrecht bei Nichtlieferung oder Nichtzulassung vereinbaren.
10. Fazit
Der Direktimport eines E-Autos aus China – exemplarisch am Xiaomi SU7 – ist eine realistische, aber anspruchsvolle Option für Käufer, die früheren Zugang zu Technik, bestimmte Ausstattungen oder Preisvorteile suchen. Wer importiert, wird rechtlich und organisatorisch zum Importeur of Record: Man trägt Verantwortung für Zoll, Einfuhrumsatzsteuer, technische Konformität, Dokumentation, Einzelgenehmigung (§ 21 StVZO), Zulassung und spätere Servicefragen. Genau hier entscheidet sich, ob das Projekt ein sauber kalkuliertes Vorhaben oder ein teurer Irrweg wird.
Wirtschaftlich lohnt sich der Direktimport, wenn (a) der China-Preisvorteil deutlich ist, (b) die Logistikkosten niedrig verhandelt wurden (Incoterms!), (c) Nachrüstungen planbar bleiben (ECE-Licht, CCS, Software), und (d) die eigene Zeit für Koordination und Behördenwege einkalkuliert wird. Realistische Zusatzkosten liegen – je nach Variante – häufig bei 13.000–16.000 € (Zoll, EUSt, Fracht, Umrüstung, Prüfungen, Zulassung). In dieser Spanne entscheidet Präzision im Vertragswerk und Prozessmanagement über mehrere tausend Euro Unterschied.
Technisch ist der Knackpunkt die EU-Konformität. Ohne COC läuft es in Deutschland über § 21 StVZO (Einzelgenehmigung). Das ist machbar, benötigt aber klare Unterlagen (Batterie-Nachweise/UN 38.3, Datenblätter, ggf. EMV-Infos) und meist Umrüstungen (E-gekennzeichnete Leuchten, CCS-2, EU-Sprach-/Navi-Pakete, Sicherheitslabel). Wer frühzeitig eine TÜV-Voranfrage macht, spart später Zeit und Nachtermine. Praxisentscheidend: die Beleuchtung (E-Kennzeichen) und Lade-/Kommunikationskompatibilität (CCS-2 inkl. Signalisierung).
Prozessual empfehlen sich strukturierte Schritte: Plattform/Partner wählen (z. B. Auto-China-orientierte Konfiguratoren oder China EV-Marktplätze), bilingualen Vertrag mit Escrow/Akkreditiv und Meilensteinen schließen (Order/VIN/FOB), Pre-Shipment-Inspection (VIN, OBD, Foto/Video) verpflichtend, Container-Verschiffung mit All-Risk-Police, Zollabfertigung mit EORI und erfahrenem Zollagenten, Umrüst-Bundle vorab planen, § 21-Termin sichern, dann Zulassung & Versicherung. Jede dieser Stufen ist standardisierbar – wer sauber dokumentiert, kommt zuverlässig ans Ziel.
Risiko-Management: Die größten Fallstricke sind (1) unklare Spezifikation (abweichende Variante), (2) fehlende oder fehlerhafte Dokumentation, (3) Beleuchtung/CCS-Inkompatibilität, (4) Transportschäden ohne hinreichende Versicherung, (5) unpräzise Incoterms/Zahlungswege, (6) Service-/Garantie-Lücken. Gegenmaßnahme: PSI, All-Risk, schriftlich fixierte Pflichten, prüfbare Ansprechpartner, Rücktrittsklauseln und lückenlose Doku (Fotos, Prüfberichte, Rechnungen, Zoll-Belege). So sinkt das Restrisiko auf ein kalkulierbares Maß.
Plattformen wie Auto-China-fokussierte Anbieter (EU-Konfigurator, deutschsprachige Kommunikation) oder China EV-Marktplätze (End-to-End-Abwicklung inkl. PSI/Transport) sind nützlich, ersetzen aber nie die eigene Sorgfalt. Seriös wird ein Auftrag erst durch klaren Vertrag, eindeutige Haftung, exakte Leistungsbeschreibung, offene Kostenstruktur und technisch belastbare Zusagen (z. B. ECE-Leuchten inklusive Montage, CCS-2-Satz, EU-Software). Wer das vertraglich erhält, spart Wochen.
Strategisch lohnt der Direktimport besonders für Early Adopter und Flotten-Pioniere, die auf neue Technologie schnell zugreifen wollen. Mittelfristig (2026+) wird die offizielle EU-Präsenz chinesischer Marken wachsen; Eigenimport bleibt dann Nischenweg für Spezialwünsche, limitierte Ausstattungen oder signifikante Preishebel. Bis dahin ist der Direktimport ein Wettbewerbsvorteil – für Käufer, die Prozesse beherrschen.
Kurzentscheidung:
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Ja – wenn du Preisvorteil + Verfügbarkeit brauchst, bereit für § 21 + Umrüstung bist, Escrow/LC nutzt und die Doku im Griff hast.
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Eher nein – wenn du eine „Plug & Play“-Erfahrung erwartest, Service-Sicherheit priorisierst und keinen Eigenaufwand möchtest.
Mit dem hier umrissenen Vorgehen weiß ein deutscher Käufer konkret, was zu tun ist – von Plattformwahl über Zahlung, Transport, Zoll, Technik, § 21, bis zur Zulassung – inklusive realistischem Kostenrahmen, Risiken und belastbaren Gegenmaßnahmen. Genau das macht den Direktimport plan- und beherrschbar.
FAQs
1) Kann ich einen Xiaomi SU7 direkt in China bestellen und in Deutschland zulassen?
Ja. Ohne EU-COC erfolgt die Zulassung über eine Einzelgenehmigung nach § 21 StVZO mit vorherigen technischen Anpassungen.
2) Welche Plattformen kommen realistisch in Frage?
EU-fokussierte Konfigurator-Plattformen (z. B. Auto-China-orientierte Anbieter) und China EV-Marktplätze mit Export-Partnern. Beide Wege funktionieren – entscheidend sind Vertrag, Haftung und Technikumfang.
3) Wie sichere ich die Zahlung am besten ab?
Über Treuhand (Escrow) oder Akkreditiv (Letter of Credit) mit Meilenstein-Zahlungen (z. B. Order/VIN/FOB).
4) Welche Incoterms sind sinnvoll?
FOB (maximale Kontrolle über Fracht) oder CIF/DAP (bequemer, dafür exakt prüfen, was enthalten ist).
5) Wie lange dauert der gesamte Importprozess?
In der Praxis 8–16 Wochen von Bestellung über Verschiffung bis § 21 und Zulassung.
6) Welche Steuern und Abgaben fallen an?
Richtwerte: ~10 % Zoll auf den Zollwert und 19 % Einfuhrumsatzsteuer auf Zollwert plus Fracht/Versicherung.
7) Brauche ich eine EORI-Nummer?
Ja. Ohne EORI ist keine eigene Zollanmeldung möglich.
8) Was ist eine Pre-Shipment-Inspection (PSI) und brauche ich sie?
Eine Vorversand-Prüfung (VIN, OBD, Fotos/Video, SoC). Sehr empfohlen, um Spezifikation und Zustand zu sichern.
9) Welche technischen Umrüstungen sind typisch?
ECE-Licht (E-Kennzeichen), CCS-2-Kompatibilität, EU-Sprach-/Navi-Pakete, Sicherheitslabel nach EU-Norm.
10) Was ist die größte Hürde bei der Zulassung?
Fehlende E-Kennzeichen bei Leuchten und unvollständige Dokumente. Das führt zu Nachrüstungen oder Verzögerungen bei § 21.
11) Wie hoch sind die Zusatzkosten neben dem Kaufpreis?
Erfahrungsgemäß ca. 13.000–16.000 € (Zoll, EUSt, Fracht/Versicherung, Umrüstung, Prüfungen, Zulassung).
12) Welche Dokumente brauche ich für die Zulassung?
Kaufrechnung, Zoll-Unbedenklichkeitsbescheinigung, Prüfbericht (§ 21/HU), Ident- und Versicherungsnachweis, technische Daten.
13) Gibt es BAFA- oder sonstige Förderungen?
Für Direktimporte typischerweise nein. Steuerliche Begünstigungen (z. B. Dienstwagenregel) sind separat zu betrachten.
14) Wie minimiere ich Transportrisiken?
Mit All-Risk-Transportversicherung, sauberer Fotodoku beim Verladen/Entladen und klarer Schadenkette.
15) Wie finde ich seriöse Partner?
Handelsregister, echte Adresse/Kontakt, bilingualer Vertrag, definierter Leistungsumfang (inkl. Umrüstungen), Escrow/LC, Referenzen.
16) Kann ich den Transport selbst organisieren?
Ja, besonders bei FOB. Du buchst Container, Versicherung, Zollagent und Inlandstransport in DE selbst.
17) Wie läuft die § 21-Einzelgenehmigung ab?
Technik-Check beim TÜV/DEKRA, ggf. Nachrüstungen, dann Gutachten. Mit vollständigen Unterlagen verläuft das planbar.
18) Wie sichere ich Service und Garantie ab?
Vorab Service-Partner benennen lassen, Ersatzteil-Logistik klären, OTA-Updates und Kontaktdaten schriftlich fixieren.
19) Wie sichere ich den Wiederverkaufswert?
Lückenlose Doku (PSI, Umrüst-Rechnungen, Prüfberichte, Fotos), gepflegter Zustand, nachvollziehbare Historie.
20) Lohnt sich der Direktimport wirklich?
Ja – wenn Preis/Verfügbarkeit den Aufwand rechtfertigen und du Prozess & Risiken im Griff hast. Sonst ist der EU-Marktstart komfortabler.